Wohnvorteil in der Unterhaltsberechnung:
Auszüge aus OLG Hamm, Fam RZ 2018, S. 678, 679
Nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages bzw. nach der Scheidung ist grundsätzlich die objektive Marktmiete als Wohnwert anzusetzen, weil dem in der Wohnung verbliebenden Ehegatten eine Verwertung zugemutet werden kann.
OLG Hamm:
„Hiervon sind aber Ausnahmen anzuerkennen, in denen aus Billigkeitsgründen nur ein angemessener Wohnwert anzusetzen ist. Davon ist auszugehen, wenn unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls nach Treu und Glauben eine Weiter- oder Untervermietung unzumutbar oder ein Verkauf nicht durchführbar ist, d.h. eine Vermögensverwertung aus Billigkeitsgründen nicht verlangt werden kann (vgl. Wendl und Wendl/Gerhardt § 1 RdNr. 482).“
Die Zurechnung des vollen Wohnwerts setzt nämlich voraus, dass von dem die Wohnung nutzenden Ehegatten verlangt werden kann, dass er die Wohnung durch (teilweise) Vermietung oder Veräußerung anderweitig verwertet (BGH, FamRZ 2009, S. 1300; BGH, FamRZ 2014, S. 923).
Im vorliegenden Fall ist das Scheidungsverfahren zwar seit April 2014 rechtshängig. Im Gegensatz zu dem vom BGH in dem Urteil vom 18.01.2012 (FamRZ 2012, S. 514) entschiedenen Fall haben die Beteiligen aber noch keine Regelung für ihre Vermögensverhältnisse getroffen. Insbesondere besteht an dem von der Antragstellerin genutzten Hausgrundstück Miteigentum und nicht Alleineigentum der Unterhaltsberechtigten. Während des gesamten Unterhaltszeitraums und bis zum Senatstermin am 05.10.2017 bestand keine Einigkeit über die Verwaltung des Miteigentums an dem Hausgrundstück – etwa in Form der Vermietung an Dritte – oder über eine Auseinandersetzung der Miteigentumsgemeinschaft. Vor diesem Hintergrund ist der Antragstellerin eine anderweitige Verwendung des Hausgrundstücks nicht nur nicht zumutbar, sondern schlicht unmöglich. Sie hat es nicht in der Hand über das weitere Schicksal des Hausgrundstücks (allein) zu entscheiden. Ihr ist keine Art und Weise der Verwertung möglich, die das „tote Kapital“ des für sie und der Kinder zu großen Hauses in Barvermögen umwandelt, von dem sie ihren Unterhalt (teilweise) bestreiten könnte.